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AutorenbildSarah Maria Sander

Gedanken nach dem Pogrom in Amsterdam

Die Reaktionen in der Welt auf den 9. November 1938, den 7. Oktober 2023 oder den 8. November 2024 haben drei  Verhaltensmuster gemeinsam: Leugnung, Relativierung und Kontextualisierung von Antisemitismus, was dazu führt, dass Menschen aufhören, Menschen zu sein. 


Nach den Erfahrungen des letzten Jahres ist das, was gerade passiert, nur eine wiederholte Bestätigung eines verinnerlichten Glaubenssatzes, der lautet: Das Töten, Verletzen und Verfolgen von Juden steht in einem Kontext, für den sie selbst verantwortlich sind. 


Erinnert euch daran, dass bei den Novemberpogromen 1938 die Gewalttat eines einzelnen Juden ausreichte, um den Beginn einer Vernichtungsmaschinerie gegen das gesamte jüdische Volk zu legitimieren.


Erinnert euch daran, dass nur Stunden nach den ersten Nachrichten über das Massaker am 7. Oktober Vertreter der Vereinten Nationen mahnten, den Kontext zu beachten und Rechtfertigungen suchten. 


Am 8. Oktober, als Israel nicht einmal 24 Stunden Zeit hatte, seine Toten zu beweinen, brüllten Menschenhorden auf den Straßen: „Lügner! Besatzer! Zionisten!“


Und seht selbst, was jetzt passiert, nachdem Videos und Bilder aus Amsterdam veröffentlicht wurden und Menschen anfangen, zu sagen: „Ja, aber die Israelis…“ und „So schlimm war es doch nicht..“ und „Diese ewige Opferrolle von euch!“


 Alles wie immer. 

Sie haben provoziert. Sie haben angefangen. Sie sind selbst schuld. 

Also werden wir sie jagen und ihnen Gewalt antun und sie werden sich verstecken und fliehen müssen und am Ende werden wir sagen: wir hatten keine andere Wahl. Wir mussten sie töten. 


Es ist alles beim Alten geblieben, nur die Bezeichnungen haben sich geändert: Aus „Tod den Juden“ wurde „Tod den Israelis und Zionisten“. Aus „Deutsche wehrt euch!“ wurde „Intifada Revolution!“ 


Und ich weiß nicht, ob ich immer noch zu naiv bin oder mich zu oft gezwungen habe, das Menschliche im Menschen zu sehen, um innerlich nicht zu verrohen und zynisch zu werden, aber es tut mir immer noch jedes Mal weh, egal, wie oft ich Zeuge davon werde. 


Ich will so sehr daran glauben, die Welt ist eine andere geworden ist. Aber ich denke, sie ist es nicht.



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