Alltag in Berlin
Auch das ist leider immer noch Realität in Deutschland. Kurz bevor ich das Haus heute verlasse, sagt mir meine Mama: magst du nicht doch den Davidstern abnehmen, zur Sicherheit? Ja, du hast recht, sage ich zu ihr. Danke, Mama. Lieber kein Risiko eingehen. Ich muss heute Morgen ein Uber Taxi nehmen, da die öffentlichen Verkehrsmittel bei mir nicht fahren. Es macht mich traurig, gleichzeitig weiß ich von allen meinen jüdischen Freunden, dass das Alltag ist. Egal, ob sie öffentlich in irgendeiner Weise aktiv für Israel einstehen oder gar nicht oder sogar öffentlich gegen Israel hetzen (was es auch leider in „unseren“ Reihen gibt) völlig frei und unbekümmert und sicher fühlt sich niemand von ihnen in Berlin. Es ist auch traurig, zu realisieren, dass manche Ängste zunächst im Kopf entstehen: die Paranoia ist ein reales psychologisches Phänomen geworden, denn selbst wenn man das große (und seltene) Glück hatte, noch keine direkte verbale oder körperliche antisemitische Angriffe erlebt zu haben, ist die Angst, dass man als jüdischer Mensch erkannt oder gelesen wird, allgegenwärtig. Auch das wird Juden und Jüdinnen oft als Vorwurf gemacht: ihr bildet euch das nur ein, ihr „fühlt“ euch nur angegriffen. Und der Teufelskreis beginnt, bei dem man sicher immer fragen muss: bin ich verrückt? Übertreibe ich? Nein. Das tuen wir nicht. Die antisemitische Welle an Hassnachrichten, Drohungen bis hin zu formulierter konkreten Gewalt (auch sexueller Natur) die mich und so viele andere Aktivisten allein auf Social Media täglich erreicht, zeigt, wie real der Hass geworden ist. Ganz zu schweigen, welche Ausrufe ausgesprochen werden bei den sogenannten „Pro-Palästina“ Demonstrationen, die Bedrohungen und massiven Anfeindungen, die jüdische Studenten in den Universitäten ausgesetzt sind und schlussendlich die offen ausgelebte Gewalt gegen Juden und Jüdinnen auf den Straßen, wenn sie „erkannt“ werden. All das ist Realität. All das gehört derzeit zum Leben dazu. All das sollte so im Jahr 2024 niemals sein.
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